#OutInChurch bei Bonifatius

Queer-Sein in der katholischen Kirche bedeutet: nicht im System vorgesehen zu sein.

Die Gesellschaft in Deutschland wird langsam inklusiver, wir (er-)leben zusehends mehr Diversität in unserem Alltag, und  der Begriff „Queer“ ist für die meisten Menschen kein Fremdwort mehr. Mit der „Ehe für alle“ wurde 2017 ein klares Zeichen für Gleichberechtigung gesetzt. Und wie sieht es in der katholischen Kirche aus?

Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist ausdrücklich untersagt, die Sakramente der Ehe und des Priesteramtes, aber auch das Sakrament der Eucharistie bleiben queeren Menschen, die ihre Sexualität leben, versagt. Das katholische Arbeitsrecht zwingt Menschen dazu, ihr privates von ihrem beruflichen Leben nicht nur zu trennen, sondern sogar zu verschweigen.

Was macht all das mit Menschen? Wie gehen Betroffene damit um? Was bedeutet das für deren Glauben? Und für das Verhältnis zur Institution Kirche? Was ist notwendig für einen Wandel und welche Zukunftsperspektiven gibt es?

Ende Januar outeten sich 125 Mitarbeitende der Katholischen Kirche als queer und fordern ein Ende der Diskriminierung. In der ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ waren diese Menschen zu sehen und berichteten von ihrem Leid, das sie viele Jahre ertragen mussten.

Drei von ihnen sind die Herausgeber*innen des Buches „KATHOLISCH UND QUEER. Eine Einladung zum Hinsehen, Verstehen und Handeln“. Mara Klein, Hendrik Johannemann und Mirjam Gräve lernten sich im Forum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ im Rahmen des Synodalen Wegs kennen. Alle drei wurden aufgrund ihres Engagements gegen Diskriminierung queerer Menschen in der katholischen Kirche und aufgrund ihres eigenen Queer-Seins ins Synodalforum berufen. Sie wollten die Lebensumstände queerer Menschen in der katholischen Kirche für das Synodalforum verdeutlichen und starteten 2020 einen Aufruf: Queere Menschen sollten sich mit ihren persönlichen Erfahrungen in der katholischen Kirche bei Ihnen melden. Es erreichten sie viele bewegende Lebenszeugnisse – die Idee, diese als Problemanzeigen im Forum einzubringen wurde aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt. Stattdessen wuchs die Idee, die bewegenden und wichtigen Zeugnisse in Buchform zu veröffentlichen.

Bewusstes Hinsehen fordert Mut und Überwindung und kann schmerzhafter sein als vermutet.

Entstanden ist ein Buch in drei Teilen: im ersten Teil kommen Betroffene zu Wort. Es sind Lebenszeugnisse von lesbischen, schwulen, gleichgeschlechtlich lebenden, bisexuellen, sowie trans, inter, nichtbinären und anderen queeren Menschen. Es sind Glaubens-, Glücks- und Leiderfahrungen. Diese Menschen sprechen aufrichtig über diese Erfahrungen, ihre Gedanken und ihre Wünschen. Viele sprechen über ein Doppelleben, über Ausgrenzung und Diskriminierung. Ein Teil wendet sich von der katholischen Kirche ab, andere bleiben und wollen Kirche verändern. Viele trennen Glauben von Kirche. Oft stellen sich betroffene über einen langen Zeitraum die Frage „Wenn Gott mich so geschaffen hat, warum lehnt die Kirche mich ab?“ Die Lebenszeugnisse sind voller Fragen, Zweifel, Schmerz und leidvoller Erfahrungen. Sie müssen dringend gehört und gesehen werden.

Der zweite Teil von „Katholisch und Queer“ zeigt Perspektiven aus dem Nahbereich. Es kommen Menschen aus dem Umfeld der Betroffenen zu Wort: Eltern, Geschwister und Seelsorgende. Was macht es mit mir, wenn ein Mensch aus meinem Umfeld an einer für ihn so wichtigen Stelle ausgegrenzt und diskriminiert wird? Was bedeutet das für den eigenen Bezug zu Kirche und Gott? Oft ist es auch für das Umfeld der Betroffenen schmerzhaft und die Fragen „Was kann ich tun?“ oder „Hätte ich mich anders verhalten können?“ tauchen auf und wollen beantwortet werden.

Wandel ist ein schwieriger und andauernder Prozess. Wie schaffen wir es gemeinsam, dass sich ein Wandel innerhalb der katholischen Kirche vollzieht?

Im dritten Teil kommen Menschen mit Verantwortung für Wandel und Fortschritt in der katholischen Kirche zu Wort. Verantwortungsträger*innen aus Verbänden, Amtskirche, Theologie und Seelsorge berichten von Wandel auf persönlicher und institutioneller Ebene. Sie sprechen über bereits vollzogenen Wandel und zeigen, an welchen Stellen der Prozess einer Veränderung bereits begonnen hat: Es gibt Möglichkeiten, um queere Menschen nicht aus der Kirche auszuschließen und ihnen ein Zuhause in der Gemeinde bieten zu können. Klar wird aber auch, dass die vielen Prozesse, die bereits begonnen haben, noch nicht ausreichen.

Das Buch „Katholisch und Queer“ ist eine Einladung, sich aufeinander einzulassen, sich weiter zu begegnen füreinander da zu sein und zusammen voranzugehen – so wie Jesus es uns aufgetragen hat.

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