Mit Bienen über die Schöpfung staunen

Ein Besuch beim Autor und Hobbyimker Ulrich Beckwermert

Wie eine Oase in der Großstadt ist der Garten des Priesterseminars in Osnabrück. Wir betreten ihn zu viert an einem schönen Frühlingssamstag, während hinter uns die letzten Marktwagen den Domhof verlassen. Wir – das sind mein siebenjähriger Sohn, mein Mann und ich … und natürlich Ulrich Beckwermert, Generalvikar des Bistums Osnabrück.

Im Januar, als es noch bitterkalt und grau war, durfte ich sein Buch „Wie das Summen der Bienen“ Korrektur lesen. Mich faszinierte, was ich da über Bienen und das Imkern las. Osnabrück liegt nicht weit entfernt von unserem Zuhause, und so kam die Idee auf, ihm einen Besuch abzustatten. Heute ist es soweit.

Der Garten des Priesterseminars ist weitläufig und verwinkelt. Wir gehen auf angelegten Wegen über Rasenflächen, auf denen alte, verwitterte Bäume stehen. Am Rand und mittendrin stehen Hecken, gesäumt von Beeten, in den farbenprächtige Boten des Frühlings und Sommers zum Leben erwachen. Die Nachmittagssonne taucht alles in ein warmes Licht.

Den ersten Bienen begegnen wir an einer kleinen Wasserstelle. Ohne unseren sachkundigen Hobbyimker wären wir wohl an ihnen vorbeigegangen. Fürs Beobachten müsse man sich Zeit nehmen, stehenbleiben, genau hinsehen, erklärt er uns. Und weiter, dass diese Trinkmöglichkeiten wichtig für die Bienen sind. Später wird er uns noch einen kleinen Teich zeigen, den er in der Nähe der Bienenstöcke selbst angelegt hat. In der Mitte dieses Teichs befindet sich ein kleines Gitter. „Damit kleine Tiere wie Mäuse sich retten können, falls sie mal hineinfallen“, sagt er.

Nun kommen wir in den hinteren Teil des Gartens, der direkt an der Hase liegt, dem Fluss, der durch Osnabrück fließt. Nur eine Hecke trennt den Garten von dem ruhig dahinfließenden Gewässer. Im Garten kommen wir nun zu den mehreren grün und braun gestrichenen Bienenkästen, vor denen kleine Schwärme aus- und einfliegen. Außerdem ist hier eine rot gestrichene Holzhütte – das „Honighäuschen“, in dem luftdicht und bienensicher Honig geschleudert werden kann. Hier ist also das Reich des Imkers und seiner fleißigen Fluginsekten.

Man spürt Ulrich Beckwermert die Begeisterung für sein Hobby ab. Er führt uns von Bienenstock zu Bienenstock, erklärt uns, welches Volk schon älter, welches noch jünger ist. Als ich ein paar Fotos schieße, bietet er mir an, selbst die Kamera zu übernehmen und geht noch näher heran. Fasziniert bestaunen wir die prall gefüllten „Pollenhöschen“ der Bienen, die von ihrem Flug mit reicher Ernte heimkehren.

Einen der Bienenkästen öffnet er für uns. Wir sehen darin das eifrige Treiben und dürfen unsere Hände auf die Schutzfolie legen, die Wärme spüren, die im Inneren von den Bienen durch ihr Flügelschlagen erzeugt wird.

Vorsichtig gehen wir immer um die Flugbahn der Bienen herum – der Imker mit über 10 Jahren Erfahrung führt uns. Gestochen wird bei unserem Besuch zum Glück niemand. Als wir ein paar Fotos mit dem Buch bei einem Bienenstock machen, setzt Ulrich Beckwermert seinen Imkerhut auf. Auch mein Junge darf ihn einmal tragen und ganz nah an die Bienen herangehen. Geduldig beantwortet Herr Beckwermert all seine Fragen zu den Bienen.

Zwischendurch kommen wir immer wieder auf sein Buch zu sprechen und warum er die Gedanken aus seiner Hobbyimkerei mit der Situation der Kirchen und anderen Ereignissen aus seinem Leben verknüpft. „Ich habe gelernt, dass die Natur mich etwas lehren kann“, sagt er voller Hochachtung und verweist auf Papst Johannes Paul II., der ebenso das Beobachten der Schöpfung empfahl. „Wir können von den Bienen allein schon lernen, im Miteinander Rücksicht aufeinander zu nehmen. Die ganze Natur ist eine Schule der Achtsamkeit.“

Man spürt ihm die Liebe und Begeisterung für seine anvertrauten Schützlinge ab. Er kümmert sich um sie gemeinsam mit einem pensionierten Lehrer. Auch dieses Miteinander schätzt er – innerhalb wie außerhalb der Kirchenmauern. „Da können wir uns einiges von den Bienen abschauen. Bei ihnen gibt es nicht einmal Neid. Jede hat ihre Aufgabe und trägt damit zum Wohl des Volkes bei, denn jede von ihnen ist wichtig.“

„Wie das Summen der Bienen“ ist im vergangenen Sommer während seines Urlaubs entstanden, da in seinem gut gefüllten Alltag wenig Zeit für solch ein Projekt bleibt. Doch auch viele Erlebnisse aus dem Alltagsgeschehen der Kirche haben Eingang in sein Buch gefunden. Er schreibt beispielsweise über die „Stockdunkelziffer“ und meint damit den oft nicht gesehenen Einsatz der vielen Ehrenamtlichen. Detailliert beschreibt er außerdem die Vielfalt der Aufgaben im Bienenvolk und übertragt sie auf die der Kirche, und er positioniert sich in aktuellen Debatten, wenn er meint „Männerdominanz tut keinem Volk gut“. Auch lenkt er den Blick auf viel Wissenswertes, zum Beispiel wo überall in der Kirche Bienenwachs zum Einsatz kommt und welche Verbindungen einige Heilige zu den schwarz-gelben Insekten hatten. Vor allem aber zeigt er auf, warum Nachhaltigkeit und Artenschutz zutiefst christliche Themen sind: „Wir haben als Kirche die Verantwortung, uns für die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.“

Tipps für Bienenfreunde:

  • Legen Sie Blühstreifen im Garten oder an Wegen an und säen Sie Blumenmischungen aus.
  • Bienen lieben kleine Blüten. So kommen sie gut an die Pollen. Es gilt: Je natürlicher die Blumen, desto besser.
  • Auch Brennnesseln haben ihre Berechtigung. Lassen Sie sie in einer Ecke Ihres Gartens stehen – die Schmetterlinge freuen sich darüber.
  • Lassen Sie alte Bäume so lange wie möglich stehen. Insekten fühlen sich darin sehr wohl und holen sich daraus gern „Baumaterial“.

Nach einer Stunde im Garten, die uns viel länger vorkam, verabschieden wir uns wieder – mit einem Glas Honig vom letzten Jahr in der Hand. Es ist inzwischen kühler geworden und auch die Bienen haben sich wieder in ihren Stock zurückgezogen.

Der freundliche Generalvikar spricht am Ende noch eine erneute Einladung aus … für die Zeit, wenn der erste neue Honig geschleudert wird. Es wird sicher nicht unser letzter Besuch gewesen sein.

Text: Esther Middeler
Fotos: Esther Middeler, Horst Middeler (Autor und Lektorin),
Ulrich Beckwermert (Nahaufnahmen Bienen)

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