„Die Belastung wirkt weiter nach“

Die Probleme des deutschen Gesundheitssystems sind seit langem bekannt. Die Covid-19-Pandemie hat die Lage noch einmal dramatisch verschärft. Am Sonntag, 4. September, sprach Dr. Daniel Zickler, Autor des Buchs „Kampf um jeden Atemzug“ über die derzeitigen Zustände auf den Intensivstationen.

Die Intensivstationen stehen schlechter da als vor der Pandemie. Die Zahl der betreibbaren Intensivbetten ist zurückgegangen viele Beschäftigte, die oft Jahrzehnte in der Pflege gearbeitet haben, haben dem Beruf den Rücken zugekehrt. Die Belastung war einfach zu groß.

„Alle sind deutlich über ihre Grenzen hinausgegangen“, sagt Daniel Zickler über die Arbeit während der Pandemie. Als es in Italien losging habe man in Deutschland zumindest 1-2 Wochen Vorbereitungszeit gehabt, um OP-Pläne herunterzufahren und vorübergehend zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Nur deshalb habe man die Triage verhindern können, jeder Patient, der eine Behandlung benötigte, konnte diese auch bekommen. Dabei sei auch die moderne Medizin oftmals an ihre Grenzen gekommen.

Besonders wichtig in dieser Ausnahmesituation sei auch die psychologische Betreuung der Ärzte, Pflegekräfte und Patienten. Dem Team der Intensivstation an der Charité Berlin steht schon seit der Zeit vor der Pandemie eine Stationspsychologin zur Seite. „Das ist noch nicht normal, sollte aber Zielvorgabe sein“, fordert Daniel Zickler. Weitere Forderungen zur Verbesserung der Gesamtsituation stellt er in seinem Buch mittels eines 7-Punkte-Programms vor.

Neben der Möglichkeit der psychologischen Begleitung direkt vor Ort, fordert er unter anderem ein Zurückdrängen des Effizienzgedankens. Nicht jedes Intensivbett sollte zu 100% ausgelastet sein, es müsse auch freie Betten und Kapazitäten geben, um Notfälle versorgen zu können. Die Festlegung einer Personaluntergrenze sei dabei essentiell. Es müsse festgelegt sein, wie viele Patienten maximal von einer Pflegekraft gleichzeitig versorgt werden dürfen, um eine gute Behandlung weiterhin gewährleisten zu können. „Die Wertschätzung muss sich in den Arbeitsbedingungen ausdrücken“, dazu gehöre auch eine angemessene Bezahlung der Pflegekräfte.

Daniel Zickler spricht sich in der Sendung des NDR auch für die Arbeit in der Pflege und in der Medizin aus. Mit einem guten Team um sich herum sei es einer der schönsten Berufe der Welt und anderen Menschen helfen zu können unglaublich erfüllend.

Die Sendung zum Nachschauen gibt es in der NDR-Mediathek.

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